Atemberaubende Leichtigkeit - Aufbau des Karlsruher Neutrino-Experiments in der Zielgeraden - Beitrag bei Radio KIT am 24.09.2015
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Das Karlsruher Tritium Neutrino Experiment (KATRIN) ist ein Großversuch der Superlative. Bereits 2006 wurde der weltweit größte Vakuumbehälter um die halbe Welt verschifft, um dann in einem spektakulären Transport die sieben Kilometer von der Rheinrampe im kleinen Örtchen Eggenstein-Leopoldshafen auf den Campus Nord des KIT transportiert zu werden. Eine Wegstrecke, die das 200 Tonnen schwere Behältnis nur im Schritttempo zurücklegen konnte, weil es teilweise bis auf wenige Zentimeter an den Häusern entlang schrammte. Am 11. September erreichte nun mit der ebenfalls tonnenschweren Tritiumquelle der letzte ganz große Puzzlestein von KATRIN den Campus Nord. Am Ende wird sich das Versuchslabor 70 Meter lang über mehrere Gebäude erstrecken. Noch ein gutes halbes Jahr werden die Aufbau- und Kalibrierungsphasen dauern, dann erst werden all die Mühen belohnt werden und KATRIN wird den Elementarteilchenphysikern die sehnsüchtig erwarteten Daten liefern. Mit dem tonnenschweren Fangnetz begeben sie sich dann auf die Jagd. Ironischerweise eine Jagd nach den absoluten Leichtgewichten unter den bekannten Elementarteilchen. Neutrinos sind schwer zu fassen. Sie haben keine elektrische Ladung und so gut wie keine Masse. Deshalb gehen sie spurlos durch alle Materie einschließlich des menschlichen Körpers. Dabei ist die Sonne eine unerschöpfliche natürliche Neutrinoquelle. 100 Milliarden davon kommen auf der Erde pro Sekunde auf dem Quadratzentimeter an. Die Masse dieser mysteriösen Teilchen ist bisher ein Rätsel. Manche Theoretiker vermuteten sogar, dass Neutrinos gar keine Masse haben. Sicher ist bisher nur, dass sie kleiner als 2 Elektronenvolt (eV) sein müssen. Das bisher leichteste Teilchen, das Elektron, bringt es immerhin auf 511.000 eV. Wenn im nächsten Jahr auf dem Campus Nord die Messungen beginnen, wird sich ziemlich schnell herausstellen, ob der riesige Aufwand ausreicht, um die Neutrinomasse zu bestimmen, oder ob zur Enttäuschung der Physiker wieder nur ein Kleiner-Als dabei herauskommt. Wie auch immer, die gewaltigen Datenmengen, die KATRIN über fünf Jahre erzeugen wird, könnten den Weg freimachen für eine neue Physik, es könnte sich beispielsweise herausstellen, dass es gleich mehrere Neutrinotypen gibt. Selbst die Einsteinsche Relativitätstheorie könnte ins Wanken geraten. Obwohl sich die Meldungen des OPERA Experiments aus dem Jahr 2011, dass Neutrinos schneller als das Licht unterwegs seien, inzwischen als Messfehler erwiesen haben. Wissenschaftsjournalist Stefan Fuchs im Gespräch mit Dr. Kathrin Valerius. Sie leitet die Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe des Karlsruher Tritium Neutrino Experiments.
Interview von Stefan Fuchs
Laufzeit (hh:mm:ss)
00:12:38
Serie
KIT Wissen : Faszination Forschung
Publiziert am
28.09.2015
Fachgebiet
Lizenz
CC BY 3.0 DE
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